Muskelfleisch, Fettanteil, Bindegwebe und Kollagen
Geschrieben von: Kristina
Veröffentlicht am: 14. August 2024
Aktualisiert am: 16. August 2024
Welches Fleischstück braucht welche Garmethode
Die folgende Fleischkunde lässt uns verstehen, welche Garmethode welchen Zustand von Fleisch hervorbringt. Dazu muss man die grundlegende Beschaffenheit von Fleisch im Allgemeinen und die der unterschiedlichen Fleischstücke eines Tieres im Konkreten erklären. Dann versteht man auch, warum sich manches Fleischstück fürs Kurzbraten mit kurzer knackiger Hitze und andere nur fürs langsame Schmoren bei kleiner Hitze eignen.
Wichtige Grundlage: ob Fleisch durchs Kochen saftig und zart wird oder eher zäh und trocken liegt in erster Linie an der Auswahl des Fleischstücks und erst in zweiter Linie an der Art wie genau dieses Stück dann zubereitet wird. Hier findest Du zum Beispiel eine ausführliche Auflistung aller Teilstücke vom Rind und wie man sie verwendet.
Muskeln, Fett, Wasser, Bindegewebe und Kollagen
Muskelfleisch besteht grundsätzlich aus Fett, proteinhaltigen Fasern und Wasser, das im Innern dieser Fasern gebunden ist und dem sogenannten Bindegewebe zwischen den Fasern. Das Bindegewebe wiederum besteht zu einem Teil aus Kollagen, einem elastischen Stoff, der die Fasern zusammen hält und dehnbar macht. Das Kollagen ist also wie ein Schmierfett in den Zellen, das gekochtes Fleisch wieder zart macht, aber erst bei einer Kerntemperatur zwischen 70 und 80 Grad, wenn es beginnt zu schmilzen.
Was passiert beim Erhitzen von Fleisch?
Wird Fleisch erhitzt, verändert sich die Struktur seiner Eiweißmoleküle. Denn wird das Eiweiß im Fleisch erhitzt, beginnt ein breit gefächerter Prozess im Fleisch. Die Fleischfasern, aus denen jedes Fleisch besteht, ziehen sich ab ca. 40 Grad langsam zusammen und ab ca. 50 Grad beginnen die Proteine im Fleisch zu gerinnen. Auch das an die Proteine gebundene Wasser wird bei leichter Erhitzung freigesetzt, bevor es bei starker Erhitzung verdampft.
Ein Rinderschmorbraten wird in Flüssigkeit, wie zum Beispiel Rotwein oder Brühe, geschmort. Dabei löst sich das Kollagen im Fleisch, was das Fleisch zart und saftig macht. Schmorfleisch kommt also mit reichlich Soße auf den Teller.
Ein Rindersteak hingegen wird in der Pfanne oder auf dem Grill nur ganz kurz gebraten, gerade so, dass es außen Röstaromen und eine schöne Fleischkruste kriegt und innen aber leicht blutig bis zart rosa bleibt. Kurzgebratenes hat folglich keine eigene Fleischsoße.
Wird das Fleisch erhitzt zerfällt als erstes die Struktur der Proteine und es wird anfangs saftig und zart (Beispiel Steak), bevor sich dann Stück für Stück das Wasser löst und es damit seine Saftigkeit verliert. Ein gutes Beispiel dafür ist das Gulasch kochen, bei dem mit zunehmender Garstufe das Flesich erst mal trocken und zäh wird, bevor es durch längeres und vor allem sanftes Köcheln wieder weich wird.
Wieso wird Gulasch und Schmorfleisch durchs Kochen erst weich?
Wenn das Fleisch (wie bei Gulasch und Schmorbraten) einen hohen Anteil an Bindegewebe aufweist, wird es erst durch längeres Erhitzen mürbe und weich, denn das Kollagen im Bindegewebe muss schmilzen, damit das Fleisch saftig und zart wird. Bei einem Schmorbraten, wie dem Burgunderbraten, der in kräftiger Rotweinsauce geköchelt wird, dauert es oft Stunden, bis er (durch kontinuierliche und sanfte Hitze) zart und weich wird.
Bindegewebe und Kollagen, was ist das genau?
Zwischen den Fasern liegt das Bindegewebe, das die einzelnen Muskeln miteinander verbindet, sie an ihrem Platz und damit fest zusammen hält. Wesentlicher Bestandteil des Bindegewebes ist das Kollagen, das sogenannte Struktur Eiweiß des Körpers. Das Bindegewebe gibt dem Muskel seine Kraft und Stärke. Je mehr ein Muskel also zu Lebzeiten des Tieres beansprucht wird, um so mehr Kollagen baut er auf und um so fester ist das Kollagen im Bindegewebe verankert. Schmilzt das Bindegewebe bzw. das Kollagen, wandelt es sich zu dem, was wir Gelatine nennen und genau diese weiche, glibberige Gelatine macht langsam geschmortes Fleisch wieder butterzart und saftig. Wichtig ist hier aber, dass die Temperaturen im Kochtopf die 70-80 Grad nicht überschreiten, denn dann beginnen andere Denaturierungsproesse, die das gekochte Fleisch wieder austrocknen und verhärten.
Kurzfaseriges Fleisch und langfaseriges Fleisch
Wir unterscheiden unsere Fleischstücke also vor allem in weniger beanspruchte Muskeln und mehr beanspruchte Muskeln. Weniger beanspruchte Muskeln sind kurzfaserig und von Haus aus das zartere Fleisch, denn hat ein Muskel wenig zu tun, hat er kaum Bindegewebe zwischen seinen fasern, ist also zart und saftig. Kurzfaseriges, meist auch mageres Fleisch ist perfekt für Kurzgebratenes und zum Fleisch Grillen.
Mehr beanspruchte Muskeln sind, je nach Funktion, langfaserig und weisen deutlich mehr Bindegewebe auf. Sie sind also von Haus aus kerniger, fest und eher zäh. Aus diesem Fleisch machen wir am liebsten Gulasch, denn das bietet die meisten Rezeptvarianten, von kernigem Rindsgulasch bis hin zu aromatischen Gulaschsuppe.
Kurzfaseriges Fleisch zum Kurzbraten und für den Grill
Alle Muskeln, die kure Fasern haben, sind perfektes Fleisch zum Kurzbraten. Das Rinderfilet ist hier der Klassiker, vor allem wenn Du es als größeres Stück oder im Ganzen zubereitest. Aber auch ein Rumpsteak aus dem Rücken oder das klassische Hüftsteak kann man sehr gut als kurzgebratenes Stück zubereiten
Auch das Skirt Steak (Zwerchfell) und der Nierenzapfen sind gute Fleischtücke zum Kurzbraten. Und selbst den Tafelspitz kann man als zart rosa Braten auf den Teller bringen, denn er ist mager und kurzfaserig genug für diese Zubereitung.
Langfaseriges Fleisch zum Schmoren und Kochen
Klassische langfaserige Fleischstücke sind die Schulter, die Rinderbrust, der Nacken und auch speziellere Teilstücke, wie die Beinscheiben. Langfaseriges Fleisch enthält oft viel Bindegewebe bzw. Kollagen, weshalb es sich vor allem zum langsamen und langen Kochen, wie dem Schmoren eignet. Wie oben beschrieben löst sich auch hier das Bindegewebe erst durch lange, aber mäßige Hitze langsam auf, macht das Fleisch butterzart und gibt ihm seinen guten Geschmack.
Eine tolle Alternative ist hier aber auch der Smoker, also der geschlossene Grill mit Räucherfunktion, in dem zum Beispiel die Rinderbrust als Beef Brisket mehrere Stunden am Stück langsam gart.
Filet oder Beinscheibe, was macht den Unterschied?
Am deutlichsten erkennt man den Unterschied zwischen der Muskelarbeit und der daraus resultierenden Zartheit eines Fleischstücks bei dem Vergleich von Filet und Beinscheibe. Das Filet liegt an der Innenseite des Rippenbogens und hat dort viel mehr zu tun, während die Beinscheibe ein Stück aus der Wade des Tieres ist, also dem Muskel, der Zeit seines Lebens am meisten zu tun hat.
Das Filet ist optisch ein sehr feines und mageres Fleischstücke, das komplett rot und kompakt aussieht. Es kommt immer butterzart aus der Pfanne, braucht nur wenige Minuten, bis es perfekt gegart ist. Die schönste Methode ein Rinderfiletsteak zu braten ist das Niedrigtemperatur-Verfahren.
Die Beinscheibe hingegen hat so viel Kollagen, dass sie schon optisch wie ein durchwachsenes Durcheinander aussieht. Dicke und feste Sehnen und jede Menge Bindegewebe durchziehen das rund um den Unterschenkelknochen laufende Fleischstück. Für diesen Muskel muss man viel Geduld beim Kochen aufbringen, denn es dauert mehrere Stunden, bis das Bindegewebe durchs Erhitzen vollständig geschmolzen ist.
Der Fettgehalt vom Fleisch ist entscheidend fürs Aroma
Das meiste Fett sitzt, wie bei uns Menschen auch, am Bauch und der Brust des Tieres. Auch der Nacken ist, neben Sehnen, von einer schönen Fettschicht durchzogen. Fett sorgt wie bei jedem Lebensmittel bei der Zubereitung für das kräftige Aroma. Fett ist der perfekte Geschmacksträger, denn die meisten der Stoffe, die wir schmecken können, sind fettlöslich. Ohne Fett würde jedes Fleisch nahezu gleich schmecken, erst der Fettgehalt gibt ihm das typische Aroma, das wir vom Rinderbraten oder vom Schweinebraten mit Kruste kennen.
Je stärker ein Fleischstück also mit Fett marmoriert ist, um so intensiver werden wir den typischen Fleischgechmack schmecken. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir Rindfleisch, Schweinefleisch oder Lamm bzw Geflügel zubereiten. Eine fette Entenbrust hat einfach mehr Aroma als eine magere Hühnerbrust, ebenso wie eine Schweinshaxe nach mehr schmeckt als das Schweinefilet und ein saftiger Nierenzapfen vom Rind nach mehr, als ein Filetsteak.
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